Baufeld Nord 1, Frankfurt am Main
Fertigstellung am 29.10.2013, Projektreport
von Ludwig Schmid †
Mit dem von Schneider + Schumacher entworfenen Objekt wurde das erste Bürogebäude im Frankfurter Europaviertel realisiert. Auf sieben Geschossen entstanden so insgesamt rund 34.000 m² Büro- und Geschäftsflächen.
Besonderes Merkmal sind die vier begrünten Innenhöfe, welche durch ihre thermische Funktion den Heizenergiebedarf reduzieren und so die Nachhaltigkeit des Gebäudes unterstützen. Ein Kennzeichen der Gebäudehülle bildet der Einsatz von Natursteinlisenen, welche der Fassade Tiefe verleihen ohne deren Transparenz zu stören. Als Besonderheit ist außerdem die über dem ersten „Gebäudefinger“ von Lindner realisierte fahrbare Terrassenüberdachung hervorzuheben, die Dank der filigranen Stützkonstruktion über dem Gebäude zu schweben scheint.
Fassadentypen und Anwendungsbereiche
Konstruktion, Produktion und Montage eines eigens für das Objekt konzipierten Fassadensystems und Sonderkonstruktionen bestehend aus:
- 7.500 m² Elementfassade, teilweise mit Natursteinlisenen (Typ 2/3), davon 150 m² als zweischalige Fassade (Typ 4)
- 1.280 m² Prallscheibenverglasung Innenhöfe, zweiseitig gelagert
- 240 m² Isolierverglasung Eingangshalle, zweiseitig gelagert (Typ 5)
- 125 m² Dachverglasung Halle mit NRWG-Klappen und Lüftungsflügeln
- 150 m² Pfosten-Riegel-Windfanganlage inklusive Automatik-Fluchtschiebetür
- 1.450 m² Fensterbandfassade (Typ 7)
- 1.540 m² Blechverkleidung, hinterlüftet
- 210 m² Profilbauglasfassade (einschalig), hinterlüftet
- 700 m² Profilbauglasfassade (zweischalig)
- 400 m² Lamellenfassade
- 330 m² Natursteinfassaden zzgl. 530 Stück Natursteinlisenen an den Elementen
- 50 Stück Lochfenster und Türen
- 4 Stück Fassadenbefahranlagen Innenhöfe
- 1 Stück Schienenfahrbares Dach als Sonderkonstruktion
Außerdem:
- Bau von optischen Musterelementen sowie Testmusterelementen
- Dichtigkeitsprüfung am hauseigenen Lindner Fassadenprüfstand und Schallmessungen im Lindner Schalllabor
Technische Spezifikationen der Fassade
Eigenschaften der Elementfassade:
- Wärmedämmung: UCW = 1,4-1,5 W/m²K
- Schlagregendichtheit: Geprüft nach EN 1027 / Klasse 9A
- Luftdurchlässigkeit: Geprüft nach EN 1026 / Klasse 4 - Geprüft nach EN 12153 / Klasse A4
- Widerstand gegen Windlast: Geprüft nach EN 12179
Die Durchführung der Dichtigkeitsprüfungen erfolgte im eigenen Fassadenprüfstand am Standort Arnstorf. Der hohe Vorfertigungsgrad der Elemente ermöglicht eine schnelle und effiziente Montage auf der Baustelle.
Elementfassade Gebäudehülle
Die ausgeführte zweischalige Fassade soll die Optik der darüber liegenden Prallscheibenverglasung der Innenhöfe aufnehmen und nach unten hin fortsetzen. Die um das gesamte Gebäude verlaufenden horizontalen Aluminiumlisenen übernehmen neben ihrer gestalterischen Funktion zweierlei Aufgaben: Integration des Sonnenschutzes und Lastabtragung der Prallscheiben.
Hallenfassade
Im Bereich der Eingangshalle wurde die Fassade an einer Stahlrohrkonstruktion befestigt und die Zwischenebenen mittels Zugstäben an einem Fachwerkträger am Kopfpunkt abgehängt. Die Fassadenelemente auf der Ostseite der Halle wurden ebenfalls am Stahlbau abgehängt. Das Hallendach wurde mit insgesamt 10 fest verglasten Feldern, 25 verglasten Lüftungsflügeln sowie 5 verglasten NRWG-Doppelklappen geschlossen. Den Haupteingang bildet eine Windfanganlage in Pfosten-Riegel-Bauweise mit zwei automatischen Flucht-Schiebetüren. Da diese Türen im Gefahrenfall, entgegen den bauaufsichtlichen Regelungen, mittels eines Notschalters geöffnet werden sollen, wurde hierfür eine Zustimmung im Einzelfall erwirkt.
Elementfassade Innenhof
Die Innenhöfe werden gebäudeseitig (dreiseitig) von den Typ 2 Elementfassaden und straßenseitig von einer Prallscheibenverglasung begrenzt. Alle vier Innenhofseiten können mittels einer Fassadenbefahranlage für Wartungs- und Reinigungsarbeiten erreicht werden. Besonderes Merkmal der Innenhoffassaden sind die schmalen, elementhohen Lüftungsklappen, welche eigens für das Bauvorhaben entwickelt wurden.
Fahrbares Dach
Als Wetterschutz für die über dem ersten „Gebäudefinger“ gelegene Dachterrasse wurde eine öffenbare Überdachung ausgeführt. Hierbei kann der innere Teil der teilverglasten Dachfläche geöffnet werden, wobei dieser in eine Parkposition oberhalb des Technikgeschosses gefahren wird.
Aufzugsfassade
Die Front der Aufzugsschächte in der Eingangshalle wurde mit einer vorgehängten, geklebten Glasfassade aus matt-geätztem ESG verkleidet. Da die Fassade ohne zusätzliche mechanische Sicherung der Gläser ausgeführt ist, wurde eine Zustimmung im Einzelfall für diese Konstruktion erwirkt.
Fensterbänder Nord
Die Nordseite des Gebäudes unterscheidet sich stark von der Gebäudefront. Während die Front als Elementfassade eine hohe Transparenz zeigt, wird die Gebäuderückseite durch opake Elemente (Blech-, Fensterband-, Lamellen- sowie Profilbauglasfassaden) geprägt.
Neubau des Bürogebäudes Baufeld Nord 1
Bauherr: Vivico Frankfurt Nord 1 Projekt GmbH & Co. KG
Projektsteuerer: omniCon Gesellschaft für Innovatives Bauen mbH
Architekt: Schneider + Schumacher Architektengesellschaft mbH
Fassadenplanung: a+f architektur + fassadenplanung
Fertigstellungstermin: 2010
Bildrechte: Lindner Group